Niederschlag-Abflussmodell RoGeR

(Runoff Generation Research)

 

Überblick | Modellvarianten | Bisherige Anwendungen | Literatur | Kontakt

 

 

Abbildung-1

 

 

 
ÜBERBLICK
 

An der Professur für Hydrologie Freiburg wurde im Rahmen des Projektes Wasser- und Bodenatlas Baden-Württemberg (WaBoA) das Niederschlag-Abflussmodell RoGeR (Runoff Generation Research) entwickelt. Die grundlegenden Prozess-Komponenten des Models basieren auf den Modellen IN3M (Weiler, 2005) und Hillscape (Weiler und McDonnell, 2007, Tromp-van Meerveld und Weiler, 2008). 

Das Modell hatte zunächst den Fokus auf der Abbildung der Abflussbildungsprozesse bei der Entstehung von Hochwasser und Sturzfluten. RoGeR ist physikalisch basiert und nutzt räumlich hoch aufgelöste (bis zu 1*1m²) Informationen zu den Eigenschaften des Bodens und der Landoberfläche sowie Prozesswissen aus der internationalen Forschung zur Abflussbildung. Aufgrund der Einbeziehung dieses Wissens und der räumlich verteilten Parametrisierung muss RoGeR nicht kalibriert werden. Es kann auf der Plot- oder Hangskale genauso eingesetzt werden wie in mesoskaligen Einzugsgebieten. 
Bislang ist RoGeR für verschiedene Skalen und Prozesse in Baden-Württemberg (Abb. 2) sowie anhand von 145 Großberegnungsversuchen auf 27 Standorten in Baden-Württemberg und in der Schweiz validiert worden. 

Abbildung 2: Standorte in Baden-Württemberg, für die Modellrechnungen mit Messdaten überprüft 
werden konnten

 

Aufgrund der erwiesenen Eignung die Abflussbildung auch kleinräumig bei Starkregen abzubilden wurde RoGeR landesweit für Baden-Württemberg angewendet um Grundlagen für das Starkregen-Risiko-Management bereitzustellen.

Gleichzeitig wurde das Modell in verschiedenen Projekten weiterentwickelt, so dass in der Zwischenzeit verschiedene Modell-Varianten vorliegen, die entsprechend der in den Projekten gegebenen Fragestellungen weitere Prozesse abbilden können. Dabei wurde das Grundkonzept aber nicht verändert. Alle Erweiterungen bauen auf dem Kern-Modell auf.

Beispiel einer Modellausgabe aus RoGeR mit Ganglinien der verschiedenen Abflusskomponenten,
der Abflusssumme sowie der gemessenen Abflüsse am Pegel

 

 

 
MODELLVARIANTEN
 

RoGeR 
Das ursprüngliche ereignisbasierte N-A-Modell, mit dem Fokus auf die Abflussbildungsprozesse. Die Abflusskonzentration wird getrennt für die Komponenten, Oberflächenabfluss, Zwischenabfluss und Grundwasserabfluss  mit einem geomorphologischen Unit-Hydrograph-Verfahren abgebildet.

RoGeR_WB_Urban bzw. RoGeR_WB
Im Rahmen des Projektes Wasserhaushalt Siedlungsgeprägter Gewässer (WaSiG) wurde RoGeR an der Professur für Hydrologie Freiburg zu einen Wasserhaushaltsmodell weiterentwickelt, das auch die besonderen Eigenschaften urbaner Oberflächen und Strukturen berücksichtigt. Es bildet die Abflussbildungsprozesse abhängig von der Niederschlagsintensität in Modellschritten von 10 Minuten, einer Stunde oder einem Tag ab. Dadurch wird gewährleistet, dass einerseits Infiltrationsüberschuss bei hohen Niederschlagsintensitäten abgebildet werden kann und andererseits Rechenzeit gespart wird wenn im System keine schnellen Prozesse abgebildet werden müssen.

Besonderheiten des Modells RoGeR_WB_urban

 

RoGeR_WB_1D 
Aus dem rasterbasierten WB_Urban-Modell, das auch die laterale Umverteilung von Wasser berücksichtigt, wurde wiederum eine 1-D-Version abgeleitet, um mit hoher Performance den langjährigen Wasserhaushalt von urbanen und nicht urbanen Standorten ermitteln zu können. Das Modell wurde mit anderen Wasserbilanzmodellen verglichen (z.B. GWN-BW, TRAIN) und zeigt besonders durch die Berücksichtigung der variablen Zeitschritte Vorteile gegenüber den Modellen mit fixem Zeitschritt. Es wurde auch anhand von Lysimeterdaten und Bodenfeuchtedaten intensiv validiert.

RoGeR_Dyn
ist, wie das ursprüngliche Modell RoGeR, ein ereignisbasiertes N-A-Modell. Anders als ursprünglich in RoGeR, das für die Abbildung der Konzentration des Abflusses ein geomorphologisches  Unit-Hydrograph-Verfahren anwendet, wird die Abflusskonzentration hier mit einem „quasi dynamischen“ 2D-hydraulischen Ansatz modelliert. Außerdem wird bei jedem Modellschritt auch die mögliche Infiltration von Oberflächenabfluss auf dem Fließweg modelliert. Auch der Zwischenabfluss im Boden kann dynamisch und unter Berücksichtigung von Tiefenperkolation auf dem Fließweg modelliert werden. Das Modell wurde mit verschiedenen hydraulischen Benchmarkdatensätzen validiert und erreicht eine sehr gute Performance.

Ro_Dyn
ist ein reines Abfluss-Konzentrations-Modell. Ausgehend von räumlich verteilten Werten des lokal gebildeten Oberflächenabflusses (Effektivniederschlag) wird die Abflusskonzentration dynamisch hydraulisch modelliert. Es wird keine Infiltration auf dem Fließweg berücksichtigt.

RoGeR_WB_Dyn
verbindet Abflussbildung, Wasserhaushalt und dynamische Abflusskonzentration von Oberflächen- und Zwischenabfluss. Es ist damit z.B. in der Lage die Wirkung von Wasser, das sich im Untergrund eines Hangs bewegt, auf den Wasserhaushalt abzubilden. Während die rein Ereignisbasierten Versionen von RoGeR beleibiege Zeitschritte nutzen können ist dies bei den Wasserhaushaltsvarianten in Abhängigkeit der Niederschlagsintensität, bzw. des Vorkommen von Niederschlag auf 10 Minuten, 1 Stunde und 1 Tag festgelegt.

 

 

 
BISHERIGE ANWENDUNGEN
 

Projekt/Anwendung

Aufgaben für RoGeR

Wasser- und Bodenatlas Baden-Württemberg

Darstellung der Abflussbildungsprozesse in flächendeckenden Karten für Baden-Württemberg

Kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg

Landesweite Bereitstellung von Oberflächenabfluss-Kennwerten (OAK)

DWA-Merkblatt M-922, Bodenhydrologische Kartierung und Modellierung

Quantifizierung der Wirkung von Makroporen auf den Infiltrationsprozess in den Oberboden für die verschiedenen Boden-Texturklassen der Bodenkundliche Kartieranleitung

Forschungsprojekt zur Erarbeitung von Grundlagen für die landesweite Abschätzung der Vulnerabilität von Grundwasser gegenüber Stoffeinträgen durch Sickerwasser und eines flächendetaillierten Grundwasserneubildungs-Index (GwN-I)

Landesweite Modellierung des langjährigen Wasserhaushalts

Wasserhaushalt siedlungsgeprägter Gewässer (WaSiG)

Ermittlung des langjährigen Wasserhaushalts von Siedlungsflächen für die Pilotgebiete Vauban (Freiburg im Breisgau), Oxford Kaserne  (Münster) und Kronsberg (Braunschweig), sowie Ermittlung des langjährigen, nicht urbanen, Bodenkundliche Kartieranleitung Referenz-Wasserhaushalts für diese Gebiete.

Der naturnahe Wasserhaushalt als Leitbild in der Siedlungswasserbewirtschaftung  Analyse der Langzeitauswirkungen auf Grundwasserneubildung, Verdunstung und Abflussbildung im urbanen Raum

Ermittlung des langjährigen Wasserhaushalts für 9 Stadteile von Freiburg im Breisgau.
Zeitlich hoch aufgelöste Modellierung des Inputs in die Kanalisation in Folge von Niederschlag durch Regen für zwei Jahre für zwei Stadteile von Freiburg.

Hochwasserentstehungsgebiete

Zur fachlichen Umsetzung der Hochwasserentstehungsgebiete (§ 78d Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes) wurde mit RoGeR geprüft, ob es fachlich möglich ist, Flächen in Einzugsgebieten zu identifizieren, auf denen schnellen Abflusskomponenten gebildet werden, die zur Abflussspitze des Hochwasserereignisses beitragen.

Validierung des Modells RoGeR für Starkregenereignisse in Luxemburg mit realen Einsatzdaten

Vorhersage von Wasserstand und Fließgeschwindigkeiten bei verschiedenen Starkregenereignissen in Luxemburg und Validierung mit Daten der Rettungskräfte

LARSIM-Weiterentwicklungen für Starkregenereignisse

Die Infiltrationsroutinen von RoGeR wurden in das Wasserhaushaltsmodell LARSIM integriert um die groß-skalige operationelle Vorhersage von Starkregen und Sturzfluten zu verbessern

Entwicklung eines operationellen Borkenkäfer-Frühwarnsystems (IpsRisk) für die Fläche der BRD im Verbundprojekt (IpsPro) der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geographie an der Universität Hamburg und dem Staatsbetrieb Sachsenforst

Vorhersage der Bodenfeuchte (inkl. lateraler Umverteilung durch Oberflächenabfluss und Zwischenabfluss) zur Vorhersage der kritischen Bodenfeuchtebedingungen.

 

 

 
LITERATUR
 

Schmit, M., Steinbrich, A., Leistert, H., Weiler, M. (2022):
Webtool zur Ermittlung der naturnahen urbanen Wasserbilanz (NatUrWB). In Korrespondenz Wasserwirtschaft, 15. Jahrgang, Heft Nr. 9, September 2022. DOI: 10.3243/kwe2022.09.002
FreiDoc: https://freidok.uni-freiburg.de/data/229574
WebTool: www.naturwb.de

Steinbrich, A., Leistert, H., Stoelzle, M., Weiler, M. (2022):
Weichenstellung im Untergrund –  vom Baseflow-Index zum Grundwasser-Neubildungs-Index? In: Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, 66. Jahrgang, Heft 2, April 2022. DOI: 10.5675/HyWa_2022.2_1.
FreiDoc: https://freidok.uni-freiburg.de/data/226324

Haag, I., Krumm, J., Aigner, D., Steinbrich, A., Weiler, M. (2022):
Simulation von Hochwasserereignissen in Folge lokaler Starkregen mit dem Wasserhaushaltsmodell LARSIM. In Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, 66. Jahrgang, Heft 1, Februar 2022. DOI: 10.5675/HyWa2022_1_1.
FreiDoc: https://freidok.uni-freiburg.de/data/225374

Steinbrich A, Leistert H, Weiler M (2021): RoGeR – ein bodenhydrologisches Modell für die Beantwortung einer Vielzahl hydrologischer Fragen. In Korrespondenz Wasserwirtschaft, 14. Jahrgang, Heft Nr. 2, Februar 2021. DOI: 10.3243/kwe2021.02.004

Weiler, M., Schütz, T., Schaffitel, A., Koelbing, M., Brendt T, Steinbrich, A. (2019): Der naturnahe Wasserhaushalt als Leitbild in der Siedlungswasserbewirtschaftung  -Analyse der Langzeitauswirkungen auf Grundwasserneubildung, Verdunstung und Abflussbildung im urbanen Raum. Freiburg HydroNotes, Band 5. DOI: 10.3243/kwe2021.02.004

Haag, I., Aigner, D., Krumm, J., Regenauer, J., Steinbrich, A., Weiler, M., Sieber, A., Bremicker, M. (2019): Simulation von Hochwassern in der Folge von Starkregen mit LARSIM - ein Beispiel für die zielführende Nutzung vorhandener Bodendaten. Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, 41.19, S. 105-110.

Leistert, H., Steinbrich, A., Schütz, T., Weiler, M. (2018): Wie kann die hydrologische Komplexität von Städten hinreichend in einem Wasserhaushaltsmodell abgebildet werden? In: Forum für Hydrologie und Wasserbewirtschaftung. Heft 39.18, M³ - Messen, Modellieren, Managen in Hydrologie und Wasserressourcenbewirtschaftung. Beiträge zum Tag der Hydrologie am 22./23. März 2018 in Dresden. Niels Schütze, Uwe Müller, Robert Schwarze, Thomas Wöhling, Jens Gundermann (Herausgeber). Technische Universität Dresden, Professur für Hydrologie. Dresden 20018.

Steinbrich, A., Henrichs, M., Leistert, H., Scherer, I., Schütz, T., Uhl, M., Weiler, M. (2018): Ermittlung eines naturnahen Wasserhaushalts als Planungsziel für Siedlungen. In: Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, 62. Jahrgang, Heft 6, Dezember 2018. DOI: 10.5675/HYWA_2018,6_3.

Steinbrich, A., Leistert, H., Weiler, M. (2016): Model-based quantification of runoff generation processes at high spatial and temporal resolution. Environmental Earth Sciences (2016) 75:1423. doi:10.1007/s12665-016-6234-9.

Tromp-van Meerveld, I., Weiler, M. (2008): Hillslope dynamics modeled with increasing complexity, Journal of Hydrology, 2008; 361 (1-2) : 24-40.

Weiler, M., McDonnell, J.J. (2007): Conceptualizing lateral preferential flow and flow networks and simulating the effects on gauged and ungauged hillslopes, Water Resources Research, 2007; 43.

Weiler, M. (2005): An infiltration model based on flow variability in macropores: development, sensitivity analysis and applications, Journal of Hydrology; 310: 294-315.

 

 

 
KONTAKT
 

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