Freiburger Schriften zur Hydrologie
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Band/volume 19: DIDSZUN J. (2004):
Experimentelle Untersuchungen zur Skalenabhängigkeit der Abflussbildung
Prozessorientierte
Niederschlag-Abfluss-Modelle werden zunehmend in mesoskaligen Gebieten
angewendet werden, die darin enthaltenen Prozesskenntnisse wurden jedoch
meist in der Mikroskala gewonnen. Das Ziel der Arbeit lag daher in der
experimentellen Untersuchung der Skalenabhängigkeit der Abflussbildung
und der Abflusskomponenten während einzelner Niederschlagsereignisse
in verschiedenen Einzugsgebieten der Mittelgebirge. Die Arbeit wurde im
Rahmen des DFG-Verbundprojekts "Abflussbildung und Einzugsgebietsmodellierung"
durchgeführt, wodurch neben dem Dreisam-Einzugsgebiet (258 km²,
Südschwarzwald) auch das Rotherdbach-Einzugsgebiet (0,09 km²,
Erzgebirge) und das Brachtpe-Einzugsgebiet (2,6 km², Sauerland) für
Untersuchungen zur Verfügung standen. Neben mikroskaligen Untersuchungen
wurden insbesondere zahlreiche Ereignisbeprobungen, also gleichzeitige
Entnahmen von Abflussproben während Niederschlagsereignissen in mehreren
Teileinzugsgebieten durchgeführt. Die Proben wurden auf die natürlichen
Tracer Hauptionen, gelöste Kieselsäure und stabile Isotope (Sauerstoff
18, Deuterium) untersucht.
Die mikroskaligen Untersuchungen im Rotherdbach-Einzugsgebiet konnten
die dominierenden Abflusskomponenten von zwei Teilgebieten mit Hilfe natürlicher
Tracer quantifizieren und vergleichen. Unterschiede zwischen den Teilgebieten
bestehen hinsichtlich der Geschwindigkeit des Zwischenabflusses und der
Ausprägung der Sättigungsflächen. Durch Markierversuche
konnten weiterhin gezielt einzelne Hochwasserrelevante Fließwege
untersucht werden. Auch im Brachtpe-Einzugsgebiet gelang es, über
Ereignisbeprobungen vier Teilgebiete hinsichtlich ihrer Abflussbildung
zu vergleichen. Unterschiede zwischen den Teilgebieten bestehen z.B. in
der Geschwindigkeit der Abflussreaktion, was über den Anteil und
die Lage der gesättigten oder leicht aufzusättigenden Flächen
zu erklären ist. Der Einfluss der landwirtschaftlichen Nutzung auf
die Anteile der Abflusskomponenten war in diesem Gebiet vergleichsweise
gering. Mikroskalige Untersuchungen im Brugga-Einzugsgebiet konnten weiterhin
zeigen, dass sich in den Deckschichten der Hänge keine tiefen- oder
hangpositionsabhängig hydrochemisch einheitlichen Hangwasserkomponenten
ausbilden. Dies verhindert eine Quantifizierung von Abflusskomponenten
in mesoskaligen Einzugsgebieten. Die zahlreichen Ereignisbeprobungen im
Dreisam-Einzugsgebiet zeigten, dass die große Heterogenität
der Abflussbildung in sehr kleinen Teileinzugsgebieten (< 1 km²)
durch die Anzahl und die Art der vorhandenen Hydrotope verursacht wird.
Oberhalb dieser Größe handelt es dagegen meist um topographisch
geschlossene Einzugsgebiete, welche sich in ihrer Abflussbildung nicht
systematisch unterscheiden, so lange die naturräumliche Ausstattung
(Topographie, Geologie, Vegetation) vergleichbar bleibt. Ändert sich
diese wie z.B. in den nördlichen Teilen des Dreisam-Einzuggebiets
dagegen, so kommt es zu systematischen Änderungen der Abflussbildung.
Die gleichen Auswirkungen haben die Siedlungs- und Straßenflächen,
deren Anteil erst in den größeren Teilgebieten hydrologisch
relevant ist. Dies führt zu einer Skalenabhängigkeit der Abflussbildung,
welche aber nicht durch die Gebietsgröße an sich verursacht
wird, sondern auf die skalenabhängigen Anteile an Siedlungs- und
Straßenflächen und die Änderung der naturräumlichen
Ausstattung zurückzuführen ist. Diese Erkenntnisse unterstreichen
die Notwendigkeit sowohl des mikro- als auch des mesoskaligen Prozesswissens
bei der Modellierung mesoskaliger Gebiete.
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